Warum Mädchen immer noch beschnitten werden
Weibliche Genitalverstümmelung (FGM) ist kein Problem von früher. Auch heute noch werden Millionen Mädchen beschnitten. Die Zahlen steigen sogar an. Es ist Zeit, endlich etwas gegen diese fürchterliche Form der Körperverletzung zu unternehmen!


TERRE DES FEMMES setzt sich für die weltweite Abschaffung weiblicher Genitalverstümmelung (FGM) ein. Wir verstehen die Verstümmelung weiblicher Genitalien als extreme und endgültige Ausprägung eines frauenfeindlichen Systems und damit als Menschenrechtsverletzung.
- Extrem, weil fundamentale Rechte der Frau, wie das Recht auf körperliche Unversehrtheit, verletzt werden.
- Endgültig, weil nur ein Teil der Betroffenen Therapien und Wiederherstellungsoperationen nutzen kann, aber auch dies die Tat und ggf. die Folgen nicht ungeschehen macht.
- Frauenfeindlich, weil diese Praxis das Potenzial von Mädchen hemmt, indem sie eng mit Bildungslosigkeit, Frühehen, Vielehen und häuslicher Gewalt verknüpft ist.
- System, weil soziale Vorteile wie höheres Brautgeld, soziale Akzeptanz und ästhetische Ideale mit FGM verbunden werden.
Damit alle Mädchen unversehrt aufwachsen und Betroffene ohne zusätzliche Einschränkung leben können, engagieren wir uns vielfältig bei PolitikerInnen, in den Medien, durch Vorträge, Ausstellungen und Publikationen. Auf der Website von Terre des Femmes Deutschland finden sich Informationen, die Aufschluss über die globale Verbreitung dieser Praktik, über die Ursachen für und Argumente gegen FGM, über aktuelle Entwicklungen und Ereignisse, über Möglichkeiten des zivilgesellschaftlichen Engagements und über unsere Aktivitäten zur Abschaffung geben.
200 Millionen betroffene Frauen
Aktuellen Angaben von UNICEF zufolge sind weltweit mehr als 200 Millionen Frauen von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen. Tatsächlich dürften es eher doppelt so viele sein, denn bisher gibt es nur für den Subsahararaum, Ägypten und Irak umfassende Studien. Dabei weiß man heute, dass auch im Nahen Osten, in Südostasien und in Südamerika Mädchen und Frauen genitalverstümmelt werden.
“Die Mädchen in Somalia sind alle beschnitten.”
Daria, 28 Jahre alt, FGM-Opfer

In Österreich sind laut aktueller Studie 11.000,00 Mädchen und Frauen betroffen. Siehe Artikel vom 04.02.2024 (GMX.AT) 11.000 Mädchen und Frauen in Österreich von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen (LINK).
Anlaufstellen in Österreich & Publikationen
- In Österreich wurden in den letzten Jahren – ausgehend von Wien – die Koordinations- und Anlaufstellen (LINK) zum Thema weibliche Genitalverstümmelung/FGM ausgebaut
- Der FGM-Beirat der Stadt Wien legte am 6. Februar 2025 anlässlich des Internationalen Tags gegen Genitalverstümmelung neue Handlungsempfehlungen vor für den Bereich medizinische Versorgung und Geburt (LINK)
- Weitere Publikationen und Forschungsberichte (LINK) zum Thema FGM finden sich auf der Webseite der nationalen Koordinationsstelle in Österreich zur Umsetzung der Istanbul-Konvention
- Weitere Literaturtipps / Materialien (LINK) finden sich auf der TdF-Deutschland Webseite
TdFÖ – Veranstaltung zum Thema FGM im Herbst 2023 in der Wiener Ärztekammer:
Beitrag vom 26. Sept. 2023
Frauenrechtsverletzungen in der Medizin – am Beispiel von FGM
Veranstaltungsrückschau – Am 11.09. fand im Festsaal der Wiener Ärztekammer eine von Terre des Femmes einschlägige Veranstaltung zum Thema Female Genitale Mutilation/Cutting (FGM/C). Ziel war es durch dieses Event die Ärzteschaft, insbesondere GynäkologInnen und PädiaterInnen zu sensibilisieren – vor allem, da FGM sich wieder im Anstieg befindet.


Auch in Deutschland und Österreich sind Mädchen dem Risiko ausgesetzt, heimlich hierzulande oder im Ausland an ihren Genitalien verstümmelt zu werden. Deshalb finden sich hier Informationen zur weiblichen Genitalverstümmelung, zu Verbreitungsgebieten, zur Prävention und zur Unterstützung Betroffener.
So kann jede und jeder selbst dazu beitragen, dass Mädchen frei und unversehrt aufwachsen und Frauen, die unter den Folgen der Verstümmelung leiden, Unterstützung, Sensibilität und Interesse erfahren.
Gemeinsam gegen FGM
Unterstütze unser Engagement gegen diese Menschenrechtsverletzung! Wir setzen uns dafür ein, dass die Resolution zur Abschaffung weiblicher Genitalverstümmelung der Vereinten Nationen überall umgesetzt wird. Wir arbeiten daran, dass Fachkräfte und Interessierte in Europa so viel über dieses Thema wissen, dass alle Mädchen geschützt werden können. Wir wollen den vielen Tausend Betroffenen in Deutschland und Österreich eine Stimme geben und für ihre Belange eintreten. Wir sorgen dafür, dass PolitikerInnen die Relevanz dieses Themas für eine gerechte, gesunde und gleichgestellte Gesellschaft erkennen. Denn wo weibliche Genitalverstümmelung ignoriert und bagatellisiert wird, wird sie auch weiter praktiziert.
Nur gemeinsam können wir weibliche Genitalverstümmelung abschaffen – mach mit!
Weibliche Genitalverstümmelung ist in Österreich verboten. Es wurde jedoch noch nie jemand deswegen verurteilt. Was eigentlich Körperverletzung an einem Kind ist, wird von vielen als „privat“ verstanden.
Rechtliche Grundlagen zum Verbot von FGM
0
Aufforderung der EU an alle Mitgliedsstaaten,
die Verstümmelung weiblicher Genitalien zu bestrafen
EU-RICHTLINIE Nr. 2024/1385 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 14. Mai 2024 zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt
0
RECHTSTEXT – WEITERLESEN …
Artikel 3 Verstümmelung weiblicher Genitalien
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die nachstehenden vorsätzlichen Handlungen unter Strafe gestellt werden: a) Entfernung, Infibulation oder Durchführung jeder sonstigen Verstümmelung der gesamten großen oder kleinen Schamlippen oder Klitoris oder eines Teiles davon; b) ein Verhalten, durch das eine Frau oder ein Mädchen dazu genötigt oder dazu gebracht wird, sich einer der unter Buchstabe a) aufgeführten Handlungen zu unterziehen.
0
In Österreich gilt FGM gemäß § 84 Abs. 1 StGB als schwere Körperverletzung mit Dauerfolgen (§ 85) und als grobe Menschenrechtsverletzung
0
RECHTSLAGE IN ÖSTERREICH – WEITERLESEN …
In diesen Eingriff kann auch nicht eingewilligt werden – weder durch das Opfer, noch durch dessen Eltern. Strafbar ist unter bestimmten Bedingungen auch die Begehung im Ausland (z. B. während eines Heimaturlaubs), selbst wenn es in diesem Land nicht strafbar ist (§ 64).
ÄrztInnen haben bei Verdacht, Anzeige zu erstatten.
Strafbar machen sich:
• Täter/innen, welche die Genitalverstümmelung vornehmen,
• Eltern, die FGM an ihrer Tochter vornehmen lassen,
• Ärztinnen / Ärzte, die den Eingriff durchführen und Helfer/innen.
Als absichtliche Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen beträgt der Strafrahmen bis zu 10 Jahren Haft. Bei Asylanträgen wird eine potenzielle Bedrohung durch FGM berücksichtigt.
Bei Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung besteht eine Mitteilungspflicht von Krankenanstalten an den Kinder- und Jugendhilfeträger gemäß § 37 Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz StF: BGBl. I Nr. 69/2013. Auf bestehende Opferschutzeinrichtungen ist hinzuweisen (§ 54 Ärztegesetz)
Um betroffene Mädchen zu schützen, müssen wir hinschauen, kontrollieren und strafen.
TERRE DES FEMMES FORDERT:
INTERNATIONAL / MIGRATION
FORDERUNGEN – WEITERLESEN …
- Weibliche Genitalverstümmelung / FGM muss weltweit abgeschafft und geächtet werden.
- Forschung zu den Verbreitungsgebieten, psychischen Folgen, zu den Bedürfnissen Betroffener sowie zu Strategien, FGM zu überwinden, soll gefördert und in der Praxis berücksichtigt werden.
- Bereitstellung von Geldern für Aufklärungs- und Bildungsprojekte in Regionen mit hoher Akzeptanz von weiblicher Genitalverstümmelung.
- Personen aus bestimmten Ländern / Risikogruppen sollen rechtzeitig über die gesetzliche Lage und über Hilfsangebote in Österreich, über Mädchen- und Kinderrechte im Allgemeinen und über medizinische Fakten zu FGM informiert werden.
NATIONAL / ÖSTERREICH

- Das bestehende Gesetz, das FGM in Österreich als schwere Körperverletzung und Menschenrechtsverletzung einstuft und unter Strafe stellt, muss angewandt und exekutiert werden (vgl. Bsp. Frankreich und GB.)
- Die bundesweiten Anlaufstellen für (potenziell) Betroffene müssen ausgeweitet und finanziell abgesichert werden
- Institutionen und Behörden in Österreich müssen angemessen auf jeden Hinweis aus der Bevölkerung reagieren.
- das Fachpersonal im Bereich Gesundheit, Bildung und Soziales (PädagogInnen, SozialarbeiterInnen, ÄrztInnen, GynäkologInnen, Hebammen, MitarbeiterInnen des Jugend- und Sozialamts, PolizistInnen usw.) muss sich im Rahmen der Ausbildung/des Studiums und der Fortbildung mit der Thematik auseinandersetzen können (fixe Verankerung in den Studienplänen / Curriculum).

- Prävention: Es bedarf einer effektiven Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit in Diaspora-Communities (Mütter, Väter…), um den nötigen Einstellungs- und Verhaltenswandel zu erreichen – dafür müssen langfristig Gelder zur Verfügung gestellt werden
- Eine frühzeitige Information selbst betroffener Mütter über die Konsequenzen der Genitalverstümmelung ihrer Töchter ist notwendig
- Routinemäßige Dokumentation von FGM in der Gynäkologie und in der Geburtshilfe
- Routinemäßige Berücksichtigung der Problematik im Zuge der Eltern-Kind-Pass-Untersuchungen (Genitaluntersuchung für alle Kinder)
- Die medizinische und psychologische Nachbehandlung (inkl. Rekonstruktionsoperation) muss den Frauen als Kassenleistung ohne Zuzahlung möglich sein.